Montag, 15. Oktober 2007
46.-52. Tag (Montag, 8.10.-Sonntag, 14.10.)
Montag

Nachdem Indie und ich taschentücherschwenkend unseren Gast am Otogar verabschiedet hatten, erstanden wir ein Busticket nach Bartın am Schwarzen Meer. Und um es vorweg zu nehmen: Solltet ihr jemals versuchen, an einem türkischen Busbahnhof ein Ticket zu kaufen, prägt euch den Unterschied zwischen Çarşamba (Mittwoch) und Perşembe (Donnerstag) ein! Aber dazu später mehr.

Vom Busbahnhof aus haben wir uns dann zum Atakule (hoher Turm hier, eine Art Wahrzeichen) durchgeschlagen, sind aber aufgrund der Tatsache, dass wir unsere Kameras nicht dabei hatten, nicht raufgefahren. Statt dessen holten wir uns bei Burger King ungesunden Burger- und Frittenfraß, den wir uns im nahegelegenen botanischen Garten reinfegten. Ich will nicht sagen, dieses Essen habe den Tag gerettet, aber das Glutamat hat seine wohltuenede Wirkung nicht verfehlt!

Dienstag

Nachdem ich ganz brav zur Uni gegangen war und viel gelernt hatte (*räusper*), kam ich am späten Nachmittag nach Hause. Dort stellten Indie und ich alsbald, jedoch mehr nebenbei fest, dass uns oben beschriebenes Missgeschick passiert war. Nun hatten wir kein Ticket für Donnerstag morgen (was sinnvoll gewesen wäre, weil wir beide Mittwochs noch Uni hatten), sondern für Mittwoch morgen. Für....MORGEN! AAAAAHHHHH! Von sowas hab ich ja normalerweise nur Albträume und dieses Mal passiert es wirklich. Da wir nun keine Ziet mehr dazu hatten, uns noch wie geplant einige Reiseführer auszuleihen und eine Unterkunft zu organisieren, schrieben wir panisch Adressen von Hotels ab und durchsuchten das Internet nach Stadtplänen. Und dann hatte ich einen großartigen und unseren Urlaub nachhaltig beeinflussenden Einfall: Einfach alle Menschen mit Hospitality-Club-Profilen in Amasra und Bartın anschreiben! Das tat ich dann auch, am Ende kontaktierte ich wohl so 8 Menschen. Und siehe da - es dauerte keine Stunde, bis der erste sich auf meinem Handy meldete. Eine weitere Stunde später hatten wir eine Unterkunft bei zwei Navy-Offizieren (!) und Telefonnummern von mindestens drei anderen Menschen. So ganz wohl war uns natürlich nicht.. Welches Interesse motiviert solche bedingungslose Gastfreundschaft? Raub? Mord? Vergewaltigung? Menschenhandel? Organhandel? Hat jemand "Hostel" gesehen?

Mittwoch (a.k.a. Çarşamba)

Bewegt von einem bunten Gefühlsstrauß, zur einen Hälfte aus positiven, zur anderen Hälfte aus negativen Emotionen bezüglich der bevorstehenden Reise bestehend, saßen wir um halb 11 in unserem 20YTL-Bus und fuhren nach Norden. Interessant zu sehen, wie die Wüste langsam einer erst spärlichen, dann immer ausladenderen und schließlich als üppig zu bezeichnenden Vegetation weicht. Noch ein Wort zur Servicekultur in türkischen Überlandbussen: Im 20-Minutentakt bekommt man vom freundlichen Steward etwas angeboten: Wasser, Cola, Tee, Kaffee, Kölnisch Wasser (überhaupt eine wichtige Flüssigkeit hier), ein kleiner Kuchen gar. Erstaunt und begeistert genoss ich die 4-stündige Fahrt.

In Bartın wurden wir wie versprochen von unserem Marineoffizier abgeholt. Und - Überraschung - ich glaube, dass er schwul ist! Und ich bin mit meiner Meinung nicht alleine. *In the NAVY* - Die Village People hatten recht! Leider hab ich kein Foto, auf dem man seine gebrochenen Handgelenke sieht.

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Links ist Serdar, der mit dem schwulen Touch und rechts Kazım, sein Mitbewohner und Navy-Kumpel, gänzlich ohne schwulen Touch. Aber man weiß ja nie...

Jedenfalls nennen die beiden ein direkt (und wenn ich das sage, dann meine ich es auch) am Meer gelegenes Apartment mit freiem Zimmer für Indie und mich ihr eigen. Hier ein Foto von Indie und der Aussicht:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Die Fenster sind leider recht nutzlos gegen den Wind, denn es sind keine Scheiben drin...

Das Apartment hatte übrigens noch eine dritte Bewohnerin: Buffy, den Hund (besser: die Hündin). Dieses genauso unterwürfige wie unerzogene Tier sieht so aus:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Und da wir uns ja in einer Soldatenwohnung befanden, fehlte es auch nicht an Atatürkschmuckwerk und diesem tollen Hut:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Steht mir doch, oder?

An diesem Tag haben wir nicht mehr viel gemacht außer Essen und Teetrinken und später Okey und Kartenspiele spielen. Vom Essen hab ich übrigens mal wieder ein tolles Foto:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Das nennt sich Amasra-Salat und ist echt eine leckere Sache!

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Vielleicht seh ich hier deshalb so glücklich aus.

Noch kurz ein Detail, das meine Familie erstaunen wird: Neben dem Salat gab es Fisch. Frittiert und ohne Kopf, aber mit Schwanz. Wahrscheinlich liegt es am urlaubsbedingt anderen Essverhalten, anders kann ich mir nicht erklären, warum ich sowas essen konnte (und es mir sogar geschmeckt hat).

Ach ja, gepokert haben wir später auch noch. Die sagen, ich hätte einen Straight Flush gehabt. Ist das was Gutes? ;-D

Donnerstag (a.k.a. Perşembe)

Nach einem beeindruckenden türkischen Frühstück, zu dessen Herstellung wir keinen Finger rühren durften, fragten wir vorisichtig nach, was man heute so vorhabe und ob man sich das Städtchen mal ansehen dürfe. "It is no problem, we go together." Die Worte "No problem" haben wir übrigens öfter gehört.. Jedenfalls sind wir dann irgendwann auch aufgebrochen zu unserem kleinen Spaziergang. Und "klein" war er wirklich, schließlich konnten wir keine 100 Schritte gehen, ohne im nächsten Teegarten eine Pause machen und irgendwas trinken zu müssen. Das Argument, man habe doch gerade gefrühstückt und dabei reichlich Tee zu sich genommen, zählte dabei nur bedingt. Was sich nun anhört wie Jammern auf hohem Niveau, ist doch insofern angemessen, als wir den uns dargebotenen Komfort doch mit einem Stück unserer Freiheit erkauften. Entschädigt wurden wir hiermit:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Besonders letzteren (welcher bloß eine andere Blickrichtung von vorletzterem darstellt) Anblick ließen wir besonders intensiv auf uns einwirken. Zumindest so lange, bis wir von unserem Begleiter, hier links im Bild:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

...wieder aufgescheucht und zu weiterem Teekonsum gezwungen wurden. "Do you want to take a picture?" kam als Frage übrigens gleich hinter "Do you want to drink tea?" und "Do you want to eat something?". Hier noch einige der Ergebnisse:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Ich nenne es: "Frau mit unpraktischer Frisur".

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Abends waren wir übrigens ähnlich aktiv: Nachdem wir mit Essen, Tee und zuletzt Bier reichlich versorgt waren, begann der erste türkische Fernsehabend meines Lebens. Mein erster Eindruck: Türkische Fernsehwerbung ist noch enervierender als deutsche und türkische wöchentliche Kultserien so schlecht wie deutsche Daily Soaps. Darüber hinaus kam ich in den zweifelhaften Genuss, der Übertragung eines Fußballspiels folgen zu dürfen. Türkei gegen..ääähh..irgendwas europäisches. Oder Möchtegern-europäisches. Ach was weiß ich denn? Jedenfalls wurde es noch ein laaanger Abend, da wir erst versucht haben, "Smoking Aces" zu gucken, dann war aber auf der Hälfte die DVD kaputt. Also haben wir "Seven" gesehen. Andere Filme standen nicht zur Auswahl, da sich der Rest der laut Serdars Angaben beachtlichen DVD-Sammlung "auf dem Schiff" befindet, was meiner Ansicht nach viel über die Arbeitsmoral unserer Gastgeber oder der von Marineangehörigen im Allgemeinen aussagt.

Freitag

Ziemlich unverschämt ließen wir heute unsere so überaus aufmerksamen Gastgeber schlafen und machten uns ganz alleine auf den Weg. Schließlich hatten wir noch andere Vereher: Als wir nämlich am Donnerstag gerade dabei waren, Amasras klitzekleines Archäologisches Museum zu besichtigen (und auch vorher und nachher; in der relativen Stille des Museums ist es mir nur noch mehr aufgefallen), klingelte mein Handy ungefähr im Abstand von 3 Minuten. Da es das sonst eher nicht tut (im Normalfall klingelt mein Handy im Abstand von 3 Wochen), war ich ganz furchtbar genervt. Zumal ich mir mittlerweile nicht mal mehr die Namen unserer ganzen "Freunde" merken konnte. Ein besonders aufdringlicher Kontaktsuchender hatte es jedenfalls geschafft, uns zu einem Treffen zu überreden. So geschah es denn, dass wir uns mit Gülserin und Mustafa Ahmed (oder Ahmed Mustafa?) auf einen Tee trafen und - nachdem wir uns gegenseitig von unserer Ungefährlichkeit überzeugt hatten - in ihren schicken kleien Corsa einstiegen. Man brachte uns nach Çeştepe, einem winzigen Kuhdorf (bisschen wie zu Hause) irgendwo in den Bergen, wo man sich bei einer befreundeten Familie angemeldet hatte. In deren Haus, das zum Hauptteil aus einem einzigen riesigen Wohnzimmer zu bestehen schien, fuhr man unter den Augen der überaus interessierten und wohlwollenden Großfamilie (Opa, Mama, Papa, Kinder, Tanten, Cousins, etc.) ein opulentes Bayram-Menü vor uns auf:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Welch ein Glück, dass wir nicht gefrühstückt hatten! So konnten wir alle richtig glücklich machen, indem wir besonders viel in uns hineinstopften. Merke: Iss niemals deinen Teller ganz leer, wenn du nicht einen weiteren Fleischberg haben möchtest (den man in diesem Fall bekommt). Nach dem abschließenden Familiengruppenfoto...

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

...machten wir noch eine kleine Prozession durchs Dorf. Schnell scharte sich eine Menschentraube aus Dorfbewohnern um uns herum, die zumindest so taten, als hätten sie noch nie einen Ausländer gesehen. Wie im Zoo... Mustafa Ahmed (oder Ahmed Mustafa) war übrigens Pressefotograf und machte in dieser Eigenschaft immer wieder Fotos mit uns im Vordergrund. So entstand unter anderem auch dieses Foto, auf dem ich den Blick auf die wunderschöne hügelige Landschaft versperre:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Die größte Sorge unserer zwei Reiseveranstalter bestand übrigens darin, dass wir uns langweilen könnten (obwohl wir diese Möglichkeit strikt verneinten). Deshalb mussten wir schnell-schnell wieder ins Auto steigen und zum nächsten Hightlight fahren - einem kleinen Örtchen am Strand mit einem netten Sandstrand. Auch dort durfte ich keine Fotos machen, auf denen wir nicht debil in die Kamera grinsen:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Warum schließlich die Landschaft für sich sprechen lassen? Man muss ja später auch beweisen können, dass man da war. Oder hatte Mustafa Abdul (oder Ahmed?) einen anderen Grund für seine beständige Fotografiererei?! Aber dazu später mehr...

Zunächst mal wurden wir nach Bartın, der Provinzhauptstadt, chauffiert und erneut zum Verzehr von Tee und fett-/ zuckerhaltigen Lebensmitteln gezwungen. Nachdem auch dieser Programmpunkt erledigt war, ging es über die Hügel wieder zurück nach Amasra, nicht ohne Foto-Zwischenstopp (es gab schließlich einen Sonnenuntergang):

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Obwohl man ihnen anmerkte, dass sie langsam dann auch mal nach Hause wollten (und wir sie auch gar nicht daran hindern wollten), ließen unsere beiden Reiseführer es sich nicht nehmen, uns noch zu Amasrasalat und frittiertem Fisch (diesmal mit Kopf) einzuladen. Dankbar und satt verabschiedete man sich, sprach Gegeneinladungen aus und ging endlich seiner Wege. Unseren sturmfreien Abend (Serdar und Kazim mussten "on duty") verbrachten wir mit Tavlaspielen, Biertrinken und früh-ins-Bett-gehen.

Samstag

Ausgeruht wie wir waren, standen wir gegen 10 Uhr auf und fanden unsere Gastgeber schlafend in ihren Betten vor. Da wir eigene Pläne hatten, schlichen wir uns erneut aus dem Haus und machten eine Touristenrundfahrt um Amasra herum. Dabei kamen wir endlich nah genug an die "Kanincheninsel" heran, um ernsthaft nach Kaninchen suchen zu können. Wir entdeckten eines, das ich in Anlehnung an eine befreundete Bloggerin mit ebenso moderner Technik sichtbar gemacht habe:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Bewegt hat sich das kleine Pelztier nicht wirklich, womit es sich dabei auch um ein ausgestopftes Kaninchen gehandelt haben könnte, das da zur Touristenbelustigung sitzt.

Derweil wir noch auf dem Boot waren, wurden wir von Gülserin angeschrieben, die aus mysteriösen Gründen unsere vollen Namen haben wollte. Doch nicht etwa für eine Bildunterschrift?! In einem Artikel mit dem Titel "Deutsche Touristen haben viel Spaß bei uns"? Das Tollste hab ich ja noch gar nicht erzählt: Man fragte uns nämlich, ob wir bereit wären, uns vor dem Grab von Bariş Akarsu, Rocksänger aus Amasra, Gewinner des türkischen "Oriental Star" und bei einem Autounfall gestorben, fotografieren zu lassen. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer. NEIN!

Das ist er übrigens:
http://www.radyo1.fm/images/linkler/174351baris_akarsu.jpg

Nach unserer Rückkehr befanden sich unsere beiden Marinehelden immer noch im Bett, so dass wir die Zubereitung von "Frühstück" in Angriff nahmen. Wir haben dann nicht mehr viel getan, außer uns Rückfahrtickets zu besorgen und endlich Teile unseres Uni-Krams zu lesen und abends fernzusehen und Karten zu spielen. Nachts waren Serdar, Indie, Buffy und ich dann noch mal spazieren, im strömenden Regen, der mittlerweile die Wetterlage beherrschte.

Sonntag

Spät, wie ich aufgestanden war, blieb uns nicht mehr viel Zeit zum Frühstücken und für die Übergabe unseres bescheidenen Gastgeschenkes (Süßes und ein neuer Würfel für ihr unvollständiges Tavlaspiel), denn wir mussten uns schon aufmachen zum Dolmuş nach Bartın (das wir erstaunlicherweise selbst bezahlen durften). Unsere Dankbarkeit in Worte zu fassen viel uns reichlich schwer, aber man erwartete auch keine überschwenglichen Dankesreden von uns.... Auf Wiedersehen, schönstes, kleinstes, bezauberndstes Amasra!

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Nach einer wiederum sehr komfortablen Rückfahrt kamen wir gegen 11 in Ankara an und um 12 zu Hause an. Nicht ohne uns einen Vorrat an Bier und auch Rakı zugelegt zu haben, den wir zwischen 2 und 7 Uhr morgens gemeinsam mit Hannes vertilgten, der aus Fremdfamilienurlaub in Trabzon zurück war und sich ein Besäufnis wünschte. Was wären wir für Menschen, ihm diesen Wunsch abzuschlagen?

... link (1 Kommentar)   ... comment


39.-45. Tag (Montag, 1.10.-Sonntag, 7.10.)
Geht das nur mir so oder wird das Tagezählen langsam etwas enervierend? Vielleicht sollte ich stattdessen Wochen zählen. Ich werde eine Umfrage starten!

In welche verdaulichen Untereinheiten soll Vera in Zukunft ihr im Ganzen zu unvorstellbar und unerfassbar großes Abenteuer gliedern?
Weiterhin nach der Anzahl der in der türkischen Republik verlebten Tage (wird langsam anstrengend und unübersichtlich).
Nach Wochen (ist zahlenmäßig nicht so beeindruckend).
Es ist mir vollkommen gleichgültig.

  Ergebnis anzeigen

Erstellt von verazimmermann84 am 2007.10.15, 17:35.



Allerdings solltet ihr berücksichtigen, dass eure Stimme nicht wirklich irgendeinen Einfluss hat. Schließlich bin hier immer noch ich die Bestimmerin!

Ist euch allerdings aufgefallen, dass ich hier ein verdammt noch mal postmodernes Weblog verfasse? Nämlich kommentiere ich den Prozess seiner Entstehung, mein Text hat somit "Selbstbewusstsein", was, wie ich gerade fleißig lerne, eines der Hauptmerkmale postmoderner Literatur ist.

Bleibt nur noch die Frage, ob ein Online-Tagebuch unter "Literatur" fällt... Andererseits ist der Autor sowieso tot, der Leser aber scheinbar im Geburtskanal stecken geblieben, um mal eine intertextuelle Referenz einzuflechten. Und da ich ja möchte, dass ihr mich versteht - anders als diese ganzen postmodernen Schweineschriftsteller - sag ich euch auch, wo ihr das bei Interesse nachlesen könnt (schade sowieso, dass es hier keine Fußnoten gibt): John Barth. The Literature of Exhaustion. The Atlantic 220.2 (August 1967): 29-34.

Montag

Um meinen universitären Horizont zu erweitern, begleitete ich Indie heute zu ihrer Elite-Uni "Bilkent". Laut ihren Angaben studieren dort hauptsächlich privilegierte (will sagen: reiche) Türken und jede Menge Amerikaner, was die Atmosphäre wohl etwas...exklusiv macht, um mal einen mehrdeutigen Euphemismus zu gebrauchen. Wobei ich mich nicht über die "City of Science and Knowledge" (murrharrharr) lustig machen sollte, schließlich komme ich dank des Geldes der privilegierten Studtenen in den Genuss einer tatsächlich besser ausgestatteten Universitätsbibliothek. Wobei ich sagen muss, dass der Architekt nicht unbedingt wert auf leichte Zugänglichkeit und vor allem Auffindbarkeit aller Bereiche gelegt hat.

Hier ein kleines landeskundliches Detail: Kopieren darf man in türkischen Unis grundsätzlich nicht selber. Dafür gibt es an jedem Kopierer Servicepersonal. Das schafft und erhält Arbeitsplätze und ist gut für die Wirtschaft!

Mit unseren Kopien durchsuchten wir Ankara nach einem lauschigen grasbedeckten und baumbestandenen Plätzchen, das wir nach mehreren Enttäuschungen (grüne Flächen im Stadtplan müssen nicht unbedingt auf grüne Wiesen in der Realität deuten) im Kore Bahçesi fanden, einem Koreakriegsdenkmal. Hier ließ es sich ganz wunderbar "Warten auf Godot" lesen und über die Eigenheiten des absurden Theaters sinnieren.

Dienstag

Türkische Bürokratie par excellence erlebte ich an diesem Vormittag auf der Polizeistation, in der ich als Ausländerin meine Aufenthaltsgenehmigung beantragen musste. Lustig daran war, dass man sich erst seine eigene rosa Mappe kaufen muss, bevor man seine ganzen Formulare abgeben. Assoziationen zu gewissen Asterix-Filmen ergaben sich da unwillkürlich, obwohl wir keinen Passierschein A38 brauchten und auch kein rosa Formular, aber immerhin eine rosa Mappe und viele weiße mit lustigen Fragen (What's your mother's profession?) bedeckte Formulare. Nach nur zwei Stunden hatten wir es jedoch überstanden und konnten endlich zum Campus und in die Mensa. Und weil ich das noch nicht getan hab, muss ich euch unbedingt zeigen, wie ein Mensaessen hier so aussieht:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Wie im Knast, oder? Ich find's geil..

Nach meinem Seminar versuchte ich gemeinsam mit Gökçe, einer Kommilitonin, mein Glück als Hitchhikerin. Doch niemand wollte anhalten. Lag es an mir? Später nahmen wir dann doch ein Dolmuş.. Frustrierend!

Da ich eingeladen wurde, schlug ich nicht aus und besuchte Gökçe in ihrer Wohnung, die verkehrsgünstig direkt an der Vergnügungsmeile Ankaras liegt. Dort lernte ich ihren Mitbewohner kennen, dessen Namen mir zwar entfiel, dessen sexuelle Orientierung mir jedoch umso mehr ins Auge sprang. "I'm gay, by the way" war so ungefähr das zweite, was er zu mir sagte. Er möchte übrigens Opernsänger werden und er will, dass ich ihn mit dem Research Assistant unseres Departments verkuppele...Lustig war's!

Um 10 traf ich mich noch mit Hannes und Indie auf ein verdientes Feierabendbier. Aus dem einen wurden zwei und da Bier eine tolle Sache ist, war es ein toller Abend.

Mittwoch und Donnerstag

waren langweilig.

Freitag

Angesichts meines näherrückenden Geburtstages reiste heute unsere liebe Freundin Sandra (formerly known as "Die Lettin") aus Izmir an. Bei Tee und Okey hatten wir einen lustigen und unspektakulären Abend.

Samstag

Die Vorbereitungen verdichteten sich. Bier musste gekauft, Essen zubereitet werden. Hier ein kleiner Eindruck:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Aus diesem Teig (nennt sich Yufka; macht man auch Baklava draus)...

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
...schneidet man solche Dreiecke und füllt sie mit weißem Käse und Kräutern...

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
...dann rollt man alles zu einem dekorativen Röllchen..

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
...was dann am Ende, nach dem Braten, ganz furchtbar appetitlich aussieht und unfassbar lecker schmeckt! Danke Indie!

Bloß schade, dass ich so wenig davon abbekommen hab. Gefräßiges Partypack!

Die Party jedenfalls war eine sehr lustige solche und unser kleines Wohnungchen war voll mit Menschen, Bier und guter Laune. Besonders Tayfun blühte regelrecht auf, mobilisierte all seine Englischkenntnisse und schmiss sich auf jedes Foto. Hier einige Impressionen:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

Naturgegebenermaßen fand die Party um 12 ihren Höhepunkt, als nämlich die anwesenden türkischen und internationalen Studenten mir in nahezu allen vertretenen Sprachen (türkisch, deutsch, englisch, französisch, polnisch; bloß maltesisch hat gefehlt) ein Geburtstagslied sangen. Und einen Kuchen mit 23 Kerzen hab ich auch bekommen:

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Könnt ihr gerne nachzählen!

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Hier packe ich Sandras Geschenk (u.a. Backförmchen, die uns angesichts unseres fehlenden Backofens nicht viel bringen...) aus und zerstöre dabei relativ rücksichtslos das Disney-Geschenkpapier.
Außerdem glänze ich so schön!

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Ein Geschenk, das mir sehr viel Freude bereitete - Socken, die mir Hannes auf dem Weg von der U-Bahn-Station zur Wohnung noch schnell gekauft hatte...

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Obwohl sie ja farblich nicht so richtig zu meinem T-Shirt passen wollen...

Gegen 3 oder 4 Uhr lief die Party so langsam ins Leere. Als jemand versuchte, ein ernsthaftes Gespräch anzufangen, warf ich ihn hinaus. Damit war die Party vorbei, Vera war 23 geworden und alle waren glücklich und zufrieden!

Sonntag

Erstaunlich kopfschmerzlos beseitigten wir gegen 12 die Spuren der vorausgegangenen Exzesse. Gestärkt mit Pide und Ayran fuhren wir mit Sandra zum Mausoleum und wieder hatte ich dort eine Menge nationalistischen Spaß.

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Zum Beispiel mit diesem Marineoffizier hier.

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
Nach dem Verzehr eines leckeren Eises (hier unten links im Bild)...

Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket
...wurde versucht, mir Backgammon, hier als Tavla bekannt, beizubringen. Der Erfolg war mäßig.

Abends zauberten uns Indie und Sandra Tortilla und Sangria (respektive). Nach dem Verzehr dieser spanischen Köstlichkeiten verbrachte ich den Rest des Abends damit, mich an meinen Geburtstagsglückwünschen zu erfreuen. Was für ein Spaß es doch ist, Geburtstag zu haben!

... link (0 Kommentare)   ... comment