Samstag, 1. September 2007
4.-8. Tag (Montag, 27.-Freitag, 31.August 2007)
Montag

Einen schönen Tag in Istanbul sollte man mit einer schönen Dusche beginnen. Weniger schön ist allerdings, wenn man dort eine nach mitteleuropäischen Maßstäben für Insekten nur als “sehr groß” zu bezeichnende Küchenschabe findet. Doch auch die konnte ich dank einer Fähigkeit zum selektiven Sehen einfach ignorieren und mich am fließenden warmen Wasser erfreuen (nicht selbstverständlich).
Glücklicherweise ist das Sprachenzentrum nur 5 Minuten vom Mädchenwohnheim weg. Sonst, ähem, waeren wir noch spaeter gewesen. Dort angekommen bekamen wir leckeres Essen und tolle Geschenke (Eın Mousepad! Sowas hatte ich mir schon immer gewünscht!). Außerdem hatten wir nun auch Gelegenheit, unsere männlichen Kommilitonen kennen zu lernen, die aus nahe liegenden Gründen nicht im Mädchenwohnheim untergebracht sind. Auch hier viele, vieeeele Deutsche, einige Holländer, Belgier, Franzosen, Italiener, Spanier und wenige Polen, ein Schwede, ein Tscheche. Somit haben wir niemanden aus dem Vereinigten Königreich.. Wollen wohl lieber in die USA… Die haben ja keine Ahnung, was sie verpassen!
In einem heiteren Spielchen türkische-Lehrer-versuchen-lauter-europäische-Namen-halbwegs-richtig-auszusprechen wurden wir auf unsere Klassen aufgeteilt. Wir kamen zu Uğur (“Glück”). Mit diesem Namen war durchaus etwas foreshadowing verbunden, denn Glück hatten wir, dass wir denjenigen Lehrer bekamen, der nicht nur ziemlich gut Englisch kann, sondern auch im Pädagogikstudium aufgepasst hat. Wir lernten also das Alphabet, uns vorzustellen, zu fragen, wie es uns geht und all so Sachen, die ich schon kann. Ich hatte es Uğurs wunderbar trockenem Humor zu verdanken, dass mir trotzdem nicht langweilig wurde. Auch die Pausen waren nicht unbedingt knapp bemessen und später hat er noch türkische Musik für uns gespielt.
Nach dem Unterricht erkundeten Indie und ich noch unsere Umgebung. Wir stellten dabei fest, dass wir in einem irgendwie russischen Viertel sind. Wir machen das an der kyrillischen Schrift fest und an den hässlichen Kleidern, die überall feilgeboten werden. Letzteres Kriterium muss allerdings nicht zwingend nur auf unser Viertel zutreffen.
Abends trafen sich einige von uns am Taksim Square. Von da aus suchten wir uns eine Kneipe und landeten - zumindest was mich anging - erneut im Paradies: Es handelte sich um ein Etablissement, wo ein 0,7l Humpen Bier genau 5YTL kostete, was in etwa 3EUR entspricht. Nach zweien davon ließ ich mich dazu hinreißen, dem nach Bravo-Girl-Maßstäben ganz schrecklich gut aussehenden Holländer - nun - ziemlichen Blödsinn zu erzählen. Es ging hauptsächlich um Grammatik, so dünkt mir.
Um 5 nach 12 waren wir im Wohnheim und heute gab es damit keine Probleme. Das jedoch sollte sich noch ändern.. Lest nur weiter!

Dienstag

Nach dem Unterricht hab ich mit Sandra einen Supermarkt gesucht. Wir fanden ihn in einer Entfernung von 5 Straßenbahnstationen, was ungefähr 3 Stunden Laufen entsprach. Dafür erbeuteten wir dort Klopapier und Kakaolu Kremasi (NUTELLA!!).
Später merkten wir, dass wir auch um die Ecke einen Supermarkt haben. Ziemlich dumm gelaufen, im allerwahrsten Sinne des Wortes…

Mittwoch

Nachdem uns die Zahlen näher gebracht wurden und wir lernten, auf dem Markt einzukaufen, sparten wir unsere Energie für die angekündigte große Party, die abends in Taksim/ Beyoğlu stattfinden sollte. Wir trafen uns mit einer wahren Menschenherde am beliebten Treffpunkt “Atatürk-Statue” und liefen unserem nicht demokratisch gewählten Anführer so lange hinterher, bis wir wieder in der selben “Balık caddesi” (Straße mit lauter Fischrestaurants, die ihre stinkende rohe Ware auf der Vorderseite zu Werbezwecken ausstellen) landeten. Dort fanden wir nach einiger Sucherei ein Restaurant, das uns alle aufzunehmen vermochte. Trotzdem war es eng und ungemütlich und irgendwie doof und das Bier war auch nicht so billig. Außerdem saß ich da mit der kleinen, unschuldigen und unberechenbaren Finnin (Outi, das ist ihr Name) und irgendwie schafften wir es an diesem Abend, uns gegenseitig in schlechte Stimmung zu reden, ein wenig zu lästern, Vermutungen anzustellen und Gerüchte zu verbreiten. Was dann wieder auf eine bestimmte Art Spaß gemacht hat. Trotzdem waren wir recht unbefriedigt, als wir gegen 1 Uhr gen Wohnheim aufbrachen. Hätte ich gewusst, dass Paulien noch tanzen geht, wäre ich mit ihr gegangen, aber die wollte eigentlich heim und das mit dem Tanzen ergab sich dann einfach so. Nun, wir jedenfalls bekamen dank Indies Verhandlungskünsten ein wahnsinnig billiges Taxi (17YTL und wir quetschten uns zu sechst hinein, was mich nicht tangierte, da ich als, nun, breitester Mensch unserer Gruppe (Sandra war ja nicht mit) den Logenplatz neben dem Fahrer bekam) und sind gegen viertel vor 2 in unserer Herberge angelangt. Dort wollte uns der Wachmann unsere ID-Cards abnehmen. Doch wieder war es Indie, die uns mit Hilfe eines aus “Istanbul, Stadt, groß! Bus, Problem, Entschuldigung“ bestehenden türkischen Wortpotpurie aus der Misere half, so dass wir die Karten behalten durften. Der Wachmann konnte ja nichts machen, außer milde lächeln und uns bitten, ihm unsere Ausweise zu geben. Manchmal kommt es mir so vor, als seien das Eunuchen, die unseren Harem bewachen. Irgendwie ist es ja auch so. Die Ausweise jedenfalls hätten wir wahrscheinlich am nächsten Morgen bei der Managerin wieder abholen dürfen, die uns gescholten hätte (oder mit einem Feigenzweig verprügelt, wer weiß?).

Donnerstag

Heute war Victory Festival, der türkische Nationalfeiertag, an dem Atatürks Sieg über einfach alle gedacht wird. Hat uns nicht sehr gestört, wir hatten halt frei! Außerdem ging das Gerücht, es gäbe eine spektakuläre Militärparade. Bin ich froh, dass ich bei der Gruppe war, die zu den Prinzeninseln gefahren ist! Die Parade stellte sich nämlich als ziemlich mickerig heraus, so hörte ich. Sieben von uns (Indie, Sandra, Magda (die Polin, die ich schon am Freitag im Shuttlebus getroffen hatte), Veronika, Nelly, Martin (deutsch, deutsch, deutsch) und ich) machten sich also auf den Weg nach Kınalıada, das ist die erste Insel, zu der die Fähre fährt.


Topkapı Sarayı von der Faehre aus.

Dort ist es ziemlich schick, anders als der Bröckelcharme auf Heybeliada:





Wir vermieden den Strand, der 10YTL Eintritt kostete und kletterten statt dessen in einer recht gefährlichen Aktion (1. Foto) zu einer etwas kuscheligeren kleinen Bucht (2. und 3. Foto):






(das kleine auf dem Felsen ist Magda)

Jedenfalls sind wir dann Schwimmen gegangen, was wirklich ganz traumhaft war. Warmes Wasser, nur wenig Algen und Quallenzeug und auch von den angeblichen giftigen Seeigeln keine Spur. Irgendwann legte vor unserer kleinen Bucht ein ebenso kleines Bötchen an, von dem ein türkischer Popsong und “I need a hero” (Bonnie Tyler) immer im Wechsel dröhnte. Martin wagte sich vor und saß schließlich auf dem Boot. Indie und ich machten es ihm nach und wurden von Tayfun, dem Steuermann dieser Nussschale, zu einem Rotwein eingeladen. Leider hab ich nur ein Foto, das Tayfuns Rückseite zeigt:



Letztendlich landeten wir alle sieben auf seinem Boot, schlürften Rotwein (keine Angst, er hat auch davon getrunken, Gift kann also nicht drin gewesen sein) und machten eine kleine Tour an der Küste entlang (er ersparte uns somit das Zurückklettern).
Vorne am Schiff (Heck? Bug?) hatte er auch noch 2 Sonnenliegen:


(hier mit Martin, Nelly und der unvermeidlichen Türkeiflagge)

Wir kamen uns ein bisschen vor wie in einem amerikanischen Hip Hop Video. Habt ihr euch schon mal auf einer Liege auf einem Schiff geräkelt? Na ja, Schiff ist vielleicht etwas übertrieben und stilechter wäre eine Yacht gewesen und kein Holzboot, in dessen Motorraum unser Kapitän regelmäßig fassen musste, um selbigen anzulassen (oder was auch immer, jedenfalls sah es bedrohlich aus). Diese Gurkerei war jedenfalls auch deshalb witzig, weil unser schwimmender Untersatz sich bei jeder Bewegung bedrohlich zur Seite neigte und wir versuchen mussten, das durch Gewichtsverlagerung wieder auszugleichen. Doch trotz all dieser Fährnisse kamen wir alle wohl behalten und unzerhackt in einem kleinen Hafen an, nicht ohne Tayfun zum Dank eine Flasche Wein gekauft zu haben (die er jedoch sofort aufmachte und uns einschenkte). Wir haben uns natürlich gefragt, ob er wohl immer so an der Küste entlang fährt und nasse Europäerinnen einsammelt und welchem Beruf er wohl nachgeht (wir glauben, 'Fliesenleger' verstanden zu haben).. Egal, es hat Spaß gemacht!

Aus dieser mit fortschrittlichster Technik gebauten Musikbox kam übrigens besagter Song:



Freitag

Heute Nachmittag beschloss ich, mich dieses Mal nicht der Herde anzuschließen, die sich an der Galatabrücke treffen wollte. Statt dessen habe ich dieses mein Weblog aufgesetzt und war dafür fast 4 Stunden im Internet. Das war harte Arbeit! Alles nur für euch;-))

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